Der Autor
Der Brixner Bürgersohn Veit Feichter übte von 1547 bis zu seinem Tod 1560 das Amt des hauptverantwortlichen Mesners am Brixner Dom aus. In dieser Funktion verfasste er drei Handschriften zum internen Gebrauch des Domkapitels: ein Inventar der Domsakristei, ein Urbar des Dommesneramtes und das Brixner Dommesnerbuch (alle im Bestand des Domkapitelarchivs Brixen).
Biographie
Ein Großteil der bisher bekannten biographischen Daten des Autors und seines Vaters kann dem Vorwort zu Veit Feichters Urbar entnommen bzw. aus den darin gemachten Angaben errechnet werden. Des Weiteren enthalten seine Schriften eine Reihe von Hinweisen, die Rückschlüsse auf seine persönlichen Umstände zulassen. Aktenvermerke in den lateinischen Domkapitel-Protokollen bestätigen und ergänzen Feichters Angaben. Wertvolle Informationen, z.B. über Art und Umfang der Dienstverpflichtungen einschließlich der persönlichen Haftung für die ihm anvertrauten Gegenstände liefert der jüngste Handschriftenfund, das Inventar der Domsakristei. Als letzte Quelle kommen schließlich Archivalien aus dem außerkirchlichen Bereich hinzu, allen voran das Bürgerverzeichnis der Stadt Brixen aus dem 16. Jh.
Die Chronik der Familie Veit Feichters gestaltet sich aufgrund der eruierten Daten folgendermaßen: Sein Vater Cristan Feichter war um 1495 aus Gareit/Gereuth bei Brixen zugewandert und hatte als Mesnerknecht am Dom Anstellung gefunden. Jenen sozialen Status bestätigt indirekt eine Urkunde vom 22. April 1502, in der Cristan Feichter als Zeuge für eine Jahrtagsstiftung auftritt. Anlässlich des Todes seines Lehrherrn Hans Valser wurde er 1510 zum Dommesner befördert und erlangte 1519 das Bürgerrecht. 1523 ist ein gewisser Christl Thumbmesner im Stadtsteuerverzeichnis als Bewohner (oder gar Besitzer?) des sog. Hofbinderhauses (Mühlgasse Nr. 3), in Brixen genannt. Dies steht nur scheinbar im Widerspruch zu einem Lehensbrief, den Veit Feichter im Anhang zu seinem Inventar der Domsakristei abschriftlich überliefert, demzufolge am 3. Mai 1511 der damalige Domdekan Dr. Johann Rieper dem frischgebackenen Dommesner Cristan Feúchter das südlich an das Heiligkreuzspital angrenzende Stállel hóffl vnnd Baúngártl Inn der Rúngkad zur Nutzung auf Lebenszeit überlässt.
Von den biographischen Eckdaten seines Sohnes Veit konnte lediglich das Geburtsdatum bisher nicht ermittelt werden. Er dürfte ungefähr 1510 oder wenig später in Brixen geboren worden sein. Die Schätzung beruht auf dem Umstand, dass Veit Feichter in seinem Urbar die Bauernerhebung von 1525 aus eigener Erinnerung erwähnt, was ein gewisses Mindestalter zu jenem Zeitpunkt voraussetzt. Auch hatte er damals bereits seine Lehrzeit als Mesnerknecht begonnen, die nach eigenen Angaben von 1523 bis 1547 dauerte. Das Bürgerrecht wurde Veit Feichter erst relativ spät, nämlich nach seiner Ernennung zum Dommesner erteilt. Als Todesdatum Veit Feichters geben die Domkapitel-Protokolle den 20. August 1560 an. Zum Nachfolger wurde Gall(us) Pacher, sein Mesnerknecht, bestimmt.
Rund 24 Jahre lang hatte der Mesnersohn also ausreichend Gelegenheit, sich gründlich in das weite und überaus vielfältige Aufgabengebiet des Dommesners einzuarbeiten und seine Eignung unter Beweis zu stellen. Als nun 1547 Cristan Feichter nach insgesamt 52 Jahren im Dienste des Stifts starb, wurde sein Sohn dem Domkapitel vom damaligen Kustos Johann Jakob Khuen als Nachfolger vorgeschlagen und gleichzeitig mit dem Auftrag betraut, ein ‘Inventar’ zu verfassen. Einer solchen Aufgabe konnte er wohl nur darum persönlich und eigenhändig nachkommen, weil er die dafür notwendige Schriftkundigkeit besaß. Diese wird er wohl in der stiftseigenen Domschule erworben haben, auch wenn es bisher nicht gelungen ist, seinen Schulbesuch dort nachzuweisen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass das Domkapitel dem Mesnersohn gezielte Förderung angedeihen ließ, um den ebenso intelligenten wie interessierten Knaben für die vielfältigen und verantwortungsvollen Aufgaben eines Dommesners besonders gut zu rüsten.
Gegenüber seinem Vater zeichnet sich Feichter jun. also durch seine Schulbildung aus. Darauf verweist er nicht ohne Stolz im Vorwort des eingangs vorgestellten Urbars, um dessen Aktualisierung sich zwar bereits sein Vater bemüht hatte, das aber 1547, zur Zeit seines eigenen Amtsantritts, infolge veränderter Besitz- und Pachtverhältnisse neuerlich einer Überarbeitung bedurfte. Dies mag auch deshalb notwendig geworden sein, weil Feichter sen. mangels Schriftkundigkeit nicht in der Lage gewesen war, die juridischen Verhältnisse gründlich zu prüfen und das Verzeichnis selbst zusammenzustellen bzw. die verschrifteten Ansprüche in allen Details durchzusetzen. Dem Dommesneramt musste durch eine Reihe mündlicher Sonderabmachungen und nachlässige Handhabung der Abgabenansprüche im Laufe der Jahre bereits beträchtlicher materieller Schaden erwachsen sein. Hier galt es nun für den jungen Dommesner, in den Aufzeichnungen Ordnung zu schaffen und bei der Einhebung der Abgaben streng durchzugreifen. Dass er nicht zuletzt aufgrund seiner Bildung Autorität genießt, lässt Feichter jun. außer Zweifel.
Veit Feichter hat durch sein Engagement dem Dommesneramt wertvolle Dienste geleistet – das Domkapitel zollte ihm dafür Anerkennung, indem es ihm wenige Monate vor seinem Tod für das Verfassen seiner Schriften eine Belohnung von 20 Gulden ausbezahlen ließ.
Andrea Hofmeister
Institut für GermanistikInstitut für Germanistik