Recht und Politik
Forschungsprojekte und Lehrveranstaltungen mit Fokus auf die Institutionalisierung von Diversität folgen einem Zugang, der Recht und Politik verbindet. Zu den Initiativen gehören auch Maßnahmen der Politischen Bildung in Theorie und Praxis.
Lehrveranstaltungen
Die Republik Österreich ist seit 1956 Mitglied des Europarates und seit 1995 Mitglied der Europäischen Union. Diese langjährige völkerrechtliche Anbindung hat ganz konkrete Implikationen für Österreichs Bürger, aber auch Österreichs Richter. Beide internationale Organisationen zeichnen sich durch einen stark entwickelten Gerichtshof mit einer besonders prägenden Judikatur aus. Anhand der Judikatur der beiden Gerichtshöfe in Straßburg sowie in Luxemburg lassen sich die Grundzüge des Europäischen Menschenrechtsschutzes wie auch des Rechtes der Europäischen Union sehr gut nachzeichnen und gleichzeitig einbetten in den nationalen Kontext eines Mitgliedstaates des Europarates bzw. der EU.
Den Europäischen Menschenrechtsschutz und das EU-Recht aus der Perspektive von Einzelfällen zu betrachten, die ihren Weg von österreichischen Gerichten nach Straßburg oder Luxemburg gefunden haben, bietet den großen Vorteil, das Europäische Rechtsystem als ein kommunizierendes Normengefäß zu begreifen und zahlreiche Einsichten zu den Beziehungen zwischen den verschiedenen Ebenen Europäischen Regierens und Europäischer Rechtsprechung zu gewinnen. Vergleichende Blicke in verschiedene Rechtsordnungen und Überlegungen zum „Staatenkonsens“ unter den Mitgliedstaaten in spezifischen Rechtsmaterien erlauben zudem, die Effektivität des Grund- und Menschenrechtsschutzes in Europa zu untersuchen und das Wechselspiel von Recht und Politik in gesellschaftspolitisch relevanten Themenbereichen zu analysieren, wie es nicht zuletzt in der höchstgerichtlichen Judikatur Ausdruck findet. Nach einer Einführung zu den justiziellen Systemen von Europarat und EU werden eine Vielzahl von zentralen Fällen gemeinsam diskutiert, die allesamt zeigen, wie nah das scheinbare ferne Europa ist und wie spannend die scheinbar graue Juristerei sein kann.
2023 Recht und Politik des Minderheitenschutzes, Universität Graz (SE)
Das Seminar widmet sich dem Zusammenwirken von Recht und Politik am Beispiel des Minderheitenschutzes. Es zielt auf ein tieferes Verständnis der Komplexität von ethnopolitischen und interkulturellen (Identitäts-)Konflikten. Den Untersuchungsgegenstand bilden Minderheitenschutzregime aus dem geltenden Recht, zB das österreichische Volksgruppenrecht oder internationale Instrumente des Minderheitenschutzes (Europarat) – unter Berücksichtigung ihrer Genese und ihrer Systematik. Um die Dynamik inter-/nationaler Konflikte zu ergründen, bearbeitet das Seminar grundlegende Theorien zu Nationalismus, Ethnizität und Identität. Darauf aufbauend werden die Funktionen von Recht in inter-/nationalen Konflikten – zB als Instrument der Konfliktbearbeitung – thematisiert.
gemeinsam|skupno 2020
Veranstaltungsreihe 2017-2020 | Konference in simpoziji 2017-2020
2017: „Alte“ und „neue“ Minderheiten
Migration ist eine Herausforderung für die Europäische Union, ihre Mitgliedstaaten und bewährte Systeme des Minderheitenschutzes. „Neue“ Migrationsbewegungen bestärken „alte“ nationale Exklusionsmechanismen. Nachhaltiger Umgang mit „neuer“ und „alter“ Vielfalt erfordert ein Hinterfragen klassischer Minderheitenschutzkonzepte und ihrer Funktionen mit Blick auf verschiedene Minderheitensituationen.
2017: »Stare« in »nove« manjšine
Migracije predstavljajo izziv za Evropsko unijo, njene države članice in za uveljavljene sisteme zaščite manjšin. »Nova« migracijska gibanja še nadalje krepijo »stare« nacionalne mehanizme izključevanja. Trajnostno ravnanje z »novo« in »staro« raznolikostjo zahteva, da podvomimo v klasične koncepte zaščite manjšin in v njeno delovanje s pogledom na različne položaje manjšin.
Informationen und Programm|informacije in program.
2018: Grenzen
Grenzen trennen und verbinden, geographisch und mental. Die nach dem ersten Weltkrieg gezogenen Grenzen trennten „Völker“ und Bevölkerungen und förderten den Nationalismus, der im 20. Jahrhundert seine aggressivsten Ausprägungen erfuhr. Die Europäische Union ist als „Friedensprojekt“ angetreten, Grenzen zu überwinden, die in Reaktion auf die Migrations- und Flüchtlingskrise jüngst wieder geschlossen werden – real und in den Köpfen. Das Jubiläum der Kärntner Volksabstimmung bietet Anlass, sich mit den Folgen von Grenzziehungen, ihrer Überwindung und den Potenzialen von Grenzräumen aus interdisziplinärer Perspektive zu beschäftigen.
2018: Meje
Meje ločujejo in povezujejo - geografsko in v našem razmišljanju. Meje, ki so nastale po prvi svetovni vojni, so ločile »narode« in prebivalce ter spodbujale nacionalizem, ki je v 20. stoletju dosegel svojo najbolj agresivno izraženost. Evropska unija je zavzela mesto »projekta miru«, da bi premostila meje. Prav te meje so ponovno zaprte kot odziv na migracijsko in begunsko krizo - tako realno kot v glavah. Jubilej plebiscita na Koroškem nam ponuja priliko, da z interdisciplinarnim pogledom obravnavamo posledice postavljanja meja, njihovo premostitev in potenciale obmejnih območij.
2019: Mehrheiten – Minderheiten – Verschiedenheiten – Gemeinsamkeiten
100 Jahre nach dem Abschluss des Staatsvertrages von St. Germain soll ein Blick zurück und nach vorne gewagt werden, um zu analysieren, wie die als Folge des ersten und zweiten Weltkrieges abgeschlossenen Verträge und ihre Minderheitenschutzregime Europa verändert haben. Dabei stellt sich die Frage, ob die Minderheitenschutzregime noch zeitgemäß sind oder ob es kultur- und wirtschaftspolitische und andere Zugänge des „Diversitätsmanagements“ braucht, um Vielfalt breiter zu schützen. Zur Erfassung von ethnischen Konflikten und ihrer vielfältigen Lösungen bedarf es sowohl einer historischen als auch einer vergleichenden Sichtweise, die auf die Kärntner Situation fokussiert wird und an Beispielen aus anderen Minderheitengebieten in Europa zeigt, wie die kollektive Emanzipation von Minderheiten verwirklicht wurde. Schlussendlich sind die Folgen der Integrations- und Desintegrationskräfte innerhalb der EU auf Minderheiten in Europa zu bewerten.
2019: Večine - manjšine - različnosti - skupne točke
100 let po podpisu senžermenske mirovne pogodbe poglejmo nazaj in prav tako si upajmo pogledati naprej, da bi analizirali, kako so mirovne pogodbe, ki so bile sklenjene kot posledica prve in druge svetovne vojne, in njihova določila za zaščito manjšin spremenile Evropo. Ob tem se postavlja vprašanje, ali so določila za zaščito manjšin še aktualna, ali pa potrebujemo raznolike pristope »upravljanja raznolikosti«, ki obsegajo kulturna, gospodarsko-politična in druga področja, da bi tako širše zaščitili raznolikost. Če želimo obravnavati etnične konflikte in njihove raznolike rešitve, potrebujemo na eni strani zgodovinski in na drugi strani primerjalni pogled. Ta pogled se mora osredotočiti na položaj na Koroškem in na osnovi primerov iz drugih območij z manjšinami se naj pokaže, kako je bila uresničena kolektivna emancipacija manjšin. V končni fazi lahko ovrednotimo posledice silnic integracije in dezintegracije znotraj EU za manjšine v Evropi.
2020: Dialog und Identität
Identität bedingt die Frage nach der Vergangenheit: Man ist, woher man kommt. Nationale Konflikte manifestieren sich nicht selten an der Deutung der Vergangenheit. Um eine Verständigung zu ermöglichen, ist es notwendig, „exklusive“ Deutungen der Vergangenheit aufzubrechen, die Vielfalt von Lebens- und Landesgeschichten sichtbar zu machen und „monolithische“ Identitäten für eine gemeinsame Zukunft zu öffnen. Das 100-jährige Jubiläum der Kärntner Volksabstimmung bietet den Anlass, sich interdisziplinär mit dem Umgang der Vergangenheit, dem Zusammenleben in Kärnten und der Vielfalt von Identitäten zu widmen, um Perspektiven zur Erfüllung des Europäischen Mottos „In varietate concordia“ („In Vielfalt geeint“) zu entwickeln.
2020: Dialog in identiteta
Identiteta s sabo pogojuje vprašanje po preteklosti: Si to, od kod prihajaš. Nacionalni spori se pogosto izvršujejo zaradi razlage preteklosti. Da bi omogočili razumevanje, moramo razvezati »ekskluzivne« razlage preteklosti ter jasno pokazati raznolikost življenjskih in deželnih zgodb in odpreti »monolistične« identitete za skupno prihodnost. 100 jubilej plebiscita na Koroškem ponuja priložnost, da interdisciplinarno obravnavamo preteklost, sobivanje na Koroškem in raznolikost identitet, da razvijemo perspektive za izpolnitev evropskega slogana »In varietate concordia« (»Združena v raznolikosti«).
Interview zur Tagungsreihe: hier.
Medienbericht zur Tagungsreihe: hier.
Das Programm soll umgesetzt werden durch Tagungen, Runde Tische, Vortragsreihen und Konferenzen. Die Aktivitäten stehen allen Interessierten offen und sollen beitragen zu einer breiten und multiperspektivischen Auseinandersetzung mit der Geschichte, Gegenwart und Zukunft Kärntens in einem gemeinsamen Europa 1920-2020.
Program bo izveden s pomočjo zasedanj, okroglih miz, serij predavanj in konferenc. Aktivnosti so na voljo vsem zainteresiranim in želijo prispevati k široki obravnavi izhajajoči iz več perspektiv, ki bodo obsegala zgodovino, sedanjost in prihodnost Koroške v skupni Evropi 1920 - 2020.
Plattform Politische Bildung
Friedenserziehung, politische und interkulturelle Bildung widmen sich in unterschiedlichen Bereichen dem Umgang mit Diversität. Die Plattform Politische Bildung des Kärntner Landtages soll Unterstützung bieten und ein Netzwerk bilden für Pädagoginnen und Pädagogen zur lebendigen Auseinandersetzung mit Politik im Unterricht und zugleich Jugendlichen Innenschau und Einblick in den politischen Alltag der regionalen Gesetzgebung ermöglichen. Die Plattform unterstützt Projektinitiativen von Schulen, ermöglicht Besuche und Diskussionen im Landtag und stellt Materialien für den Einsatz im Unterricht bereit. Dazu gehören Schwerpunkte über die Volksgruppen in Österreich, in denen die Ergebnisse von Studien Meinungen von Jugendlichen über Minderheitenfragen verarbeitet sind und Jugendliche selbst zu Wort kommen. Es finden sich Informationen über kulturelle Vielfalt, interkulturelle Kontakte und Formen konstruktiver Konfliktbearbeitung neben einer Darstellung der Geschichte der Zuwanderung und Erläuterungen zu Migration und Asyl in einem eigenen Bereich "Migration und Minderheiten".
Weitere Projekte
Verfügbare Beiträge (Download)
Jürgen Pirker, Der Geist der Geschichte(n). Der 10. Oktober im historischen Gedächtnis und in der politischen Bildung, Bulletin des Geschichtsvereins für Kärnten, 2/2018. Pdf-Version.
Jürgen Pirker und Linda Hofmeister, Volksgruppenfrage(n) in Kärnten, Plattform Politische Bildung, 2016. Pdf-Version.
Jürgen Pirker und Linda Hofmeister, "Kärnten is lei ans" - Vielfalt im Bundesland und darüber hinaus, Plattform Politische Bildung, 2016. Pdf- Version.
Jürgen Pirker und Linda Hofmeister, "Ich sehe den Menschen und urteile nach seiner Persönlichkeit, nicht nach seiner Kultur." - Reflexionen von Jugendlichen zu Kärnten und Slowenien - zwischen Heimat, Nation und Europa, in: Karl Anderwald/ Peter Filzmeier/ Karl Hren (Hrsg), Kärntner Jahrbuch für Politik 2015, 2015. Pdf-Version.
Jürgen Pirker, Visionen für Kärnten: "Neue Wege 2020/Nove poti 2020" - Ergebnisse einer Initiative zu Verständigung und politischer Bildung in: Karl Anderwald/Peter Filzmaier/Karl Hren (Hrsg.), Kärntner Jahrbuch für Politik 2014, 2014. Pdf-Version.
Jürgen Pirker, Minderheiten zwischen Recht und Politik - am Beispiel des Kärntner Ortstafelstreits. Anmerkungen zur wechselseitigen Bereicherung von Rechts- und Politikwissenschaft in: Hauser, Werner/Thomasser, Andreas (Hrsg.), Bildung, Wissenschaft, Politik. Instrumente zur Gestaltung der Gesellschaft, Böhlau, Wien/Köln/Graz, 2014. google-books.
Jürgen Pirker
Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft