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Die finanzielle Situation älterer Menschen

Bericht des Arbeitskreises II

Gerhard Wohlfahrt

Die finanzielle Situation älterer Menschen (1) kann unseres Erachtens nur in Zusammenhang mit dem leider für viele ältere Menschen größten Ausgabenposten, dem Pflegeaufwand, gesehen werden, die Einkommensverteilung unter den älteren Menschen ist aber sehr unterschiedlich. Für ältere Menschen, die nicht auf Pflegehilfe angewiesen sind, erscheint die finanzielle Situation grosso modo den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu entsprechen. Aber auch bei älteren Menschen ist die Einkommensverteilung sehr unterschiedlich, weshalb kleine Anpassungen sinnvoll erscheinen.

Anpassungsbedarf nach oben ist sicherlich in einigen Fällen gegeben, wobei insbesondere auf noch ungeschlossene Lücken im Pensionsrecht zu achten ist. Rund 180.000 ältere Menschen in Österreich verfügen über keinen eigenen Pensionsanspruch, Zahlen für die Steiermark konnten nicht ausfindig gemacht werden. Ein großer Teil dieser älteren Menschen wird in funktionierenden Partnerschaften finanziell versorgt, ein kleiner Teil lebt unter unwürdigen finanziellen Bedingungen. Dieses Phänomen muß näher dokumentiert und die finanzielle Situation dieser älteren Menschen umgehend verbessert werden. Dabei soll auch an eine Splittung der Versicherungsleistungen bei Alleinverdienerpartnerschaften gedacht werden.

In Anbetracht der demographischen Entwicklung wurde auch über ein mögliches Kürzungspotential diskutiert. Für die große Masse der Pensionisten konnten wir angesichts der derzeitigen finanziellen Situation kein Kürzungspotential ausfindig machen. Die relativ wenigen hohen Pensionen sind vor allem unter einem Gerechtigkeitsaspekt und nicht unter dem Aspekt einer Reduktion der allgemeinen Pensionsbelastung zu diskutieren, da mit Kürzungen ausschließlich bei den hohen Pensionen die Pensionssumme wohl kaum erheblich reduzierbar ist.

Teilweise große Verunsicherung und generell massives Unbehagen muß in Zusammenhang mit der Debatte über die Pensionsleistungen und -sicherung der Zukunft angemerkt werden. Die einzige Sicherung der Pensionen in der Zukunft ist eine funktionierende Volkswirtschaft. Ältere Menschen haben ein Anrecht auf einen Anteil an dem "Kuchen" (= Nettosozialprodukt), der jährlich produziert wird. Es ist zu diskutieren, inwieweit ihr Anteil infolge der demographischen Entwicklungen steigen soll. In diesem Entscheidungsprozeß müssen auch etliche andere Entwicklungen berücksichtigt werden, z.B. gehört das durchgängige Bild der Männer als alleinige Familienerhalter infolge abnehmender Kinderzahlen und zunehmender Frauenerwerbstätigkeit sicherlich der Vergangenheit an. Zu prüfen ist, wie die hohe Wertschöpfung der im Erwerbsarbeitsprozeß integrierten Personen und des eingesetzten Kapitals möglichst gerecht und effizient nicht nur auf die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital, sondern auch auf alle Personen verteilt werden kann. Jener Teil der Pensionen, der der Grundabsicherung dient, soll jedenfalls weiterhin staatlich organisiert bleiben.

Sobald ältere Menschen auf Pflegehilfe angewiesen sind, kann sich ihre finanzielle Situation schlagartig verändern. Die notwendigen Pflegeleistungen für diese Mitmenschen müssen jedenfalls unabhängig von deren finanzieller Situation gewährleistet sein. Die Ausgestaltung der Pflege ist Thema des Arbeitskreises I – "Pflege älterer Menschen und Hilfe zur Selbsthilfe". Die Einführung des Pflegegeldes zur Finanzierung des Pflegeaufwandes war sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, verbleibende Unzulänglichkeiten gilt es abzubauen.

Dabei ist auch zu prüfen, welche finanziellen Eigenleistungen einkommensstarken und/oder vermögenden älteren Menschen zumutbar sind. Vermögen, welches im Rahmen üblicher Lebenssituationen von den älteren Menschen selbst oder ihren Partnern genutzt wird (z.B. Eigentumswohnungen), darf nicht zur Finanzierung der Pflegeleistungen verwendet werden. Generell soll darauf geachtet werden, daß älteren Menschen auch im Pflegefall keine zu drastischen Änderungen der Einkommens- und Vermögenssituation zugemutet werden. Eine Regreßforderung bei öffentlicher Vorfinanzierung der Pflegekosten gegen das zu vererbende Vermögen nach Ableben der zu pflegenden Person und deren Partner soll genau evaluiert werden. Sie erscheint sinnvoll, wenn Umgehungstatbestände weitgehend ausgeschlossen werden können. Auch im Falle eines Regresses ist die Weiternutzung von Wohnraum für direkte Nachkommen, notfalls mit Hilfe von Ratenzahlungen, sicherzustellen. Beiträge der Kinder zu den Pflegekosten der Eltern, wie sie derzeit in der Steiermark vorgesehen sind und auch eingefordert werden, sollen nur mit relativ großzügigen Freibeträgen und in Relation zu den früheren Leistungen der Eltern für ihre Kinder beibehalten werden.

Da Pflegeleistungen sehr arbeitsintensiv sind, Rationalisierungen nur beschränkt möglich sind und noch dazu ein Teil dieser Rationalisierungen aus humanitären Überlegungen fragwürdig ist, soll über eine Entlastung dieser Arbeitsleistungen von Lohnnebenkosten bei vollem Versicherungsschutz für die betreuenden Personen nachgedacht werden. Eine Entlastung der Arbeitskosten könnte sektorspezifisch oder durch eine allgemeine Steuerreform erfolgen.

Abschließend sollen die wichtigsten Forderungen dargestellt werden:

  • Ein grundsätzliches Bekenntnis zum Generationenvertrag und dessen Einhaltung müssen sichergestellt bleiben. Weiters sollte das Vertrauen in den Staat als Garant einer funktionsfähigen Volkswirtschaft und einen darauf aufbauenden Umverteilungsprozeß zugunsten älterer Menschen erhöht werden.
  • Alle Menschen haben – unabhängig von ihrer finanziellen Situation – ein Recht auf notwendige Pflege, deren Finanzierung im Bedarfsfall durch öffentliche Versicherungen und/oder den Staat selbst sichergestellt sein muß.
  • Das Ehrenamt sollte wieder höher in Kurs gebracht werden. Damit könnten die älteren Menschen sich selbst organisieren und sich gegenseitig besser helfen (z.B. Besuchsdienste, Beratungen, Einkaufsgemeinschaften).
  • Eine Werbekampagne für mehr Solidarität in der Gesellschaft und idealistische Tätigkeiten sollten von der Steiermärkischen Landesregierung in Zusammenarbeit mit dem Seniorenbeirat unter Nutzung und Verbesserung aller bestehenden Strukturen massiv gefördert werden.

 



1 Mit dieser Thematik befaßt sich in diesem Band auch die Studie von Christian Lager/Gerhard Wohlfahrt „Die finanzielle Situation der steirischen Senioren“. 

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